Wenn „Rezyklat“ nicht gleich Rezyklat ist

Warum inkonsistente Qualitäten und ein Zertifikate-Dschungel den Kreislauf stocken lassen – und was Einkäufer, Verkäufer und Verarbeiter jetzt tun können


Rezyklate sind der Schlüssel zur Kreislaufwirtschaft. Immer mehr Marken geben ambitionierte Quoten aus – 10, 20, 30 % Post-Consumer-Anteil in ihren Folienverpackungen. Wer Kunststoffe einkauft oder verkauft, spürt den Druck täglich: „Habt ihr lebensmitteltaugliches rPE?“ – „Wie hoch ist der echte PCR-Anteil?“ – „Gibt’s einen unabhängigen Nachweis?“

Doch sobald der Kontrakt unterschriftsreif ist, zeigt sich das Dilemma:

  1. Schwankende Qualität
    • Farbton: Von fast transparent bis grau/gelblich ist alles dabei.
    • Geruch: Mal neutral, mal muffig – abhängig von Vorsortierung und Waschschritt.
    • Mechanik: MFI und Zugfestigkeit können zwischen Chargen stark streuen.
      Ergebnis: Jeder Folien-Extruder braucht neue Parameter, jede Produkt­freigabe dauert länger.
  2. Zertifikate ohne Kompass
    • RecyClass, EuCertPlast, ISCC Plus, OK recycled, Flustix, Blauer Engel … alle bescheinigen „irgendetwas“, aber keines deckt den kompletten Bedarf ab.
    • Food-Grade-Tauglichkeit? ➡ Nur über EFSA-zugelassene Prozesse – bei rPE/rPP bislang die Ausnahme.
    • Design-for-Recycling? ➡ Getrennte Label; oft unabhängig vom Rezyklat-Nachweis.
    • Folge: Einkäufer vergleichen Äpfel mit Birnen, Verkäufer kämpfen mit Nachweislücken.
  3. Gefahr von „Fake Rezyklat“
    Betrugsfälle, bei denen Neuware als PCR deklariert wird, untergraben das Vertrauen. Wer garantiert, dass die 30 % im Datenblatt tatsächlich aus Haushaltssammlung stammen?

Warum das niemandem hilft

  • Für Marken steigt das Risiko, gesetzliche Rezyklatquoten (PPWR, SUPD) zu verfehlen – inkl. Strafzahlungen und Image-Schäden.
  • Converter sitzen zwischen allen Stühlen: Ihnen fehlen konstante Rohstoffe, sie haften aber für Liefertermine und Produkteigenschaften.
  • Recycler wiederum finden kaum Abnehmer für schwankende Qualitäten, obwohl sie durch die Investition in neue Sortiertechnik eigentlich mehr Material zurückgewinnen könnten.

Ergebnis: Eine Kreislauf‐Handbremse. Wertvolles Material wird verbrannt, während Neuwarepreise schwanken – und alle wundern sich, warum die Rezyklatquote stagniert.

Ausblick

Eine einheitliche EU-Norm für Rezyklat-Qualitäten und Zertifizierungen ist in Arbeit – aber bis sie greift, wird es auf freiwillige Branchenlösungen ankommen. Wer jetzt aktiv Spezifikationen definiert, gemeinsame Zertifizierungs­pfade einführt und Daten teilt, schafft sich Plan­barkeit und Vertrauens­vorsprung.

Mein Tipp: Schließen Sie Pilot-Allianzen entlang der Kette – Recycler ↔ Converter ↔ Marke. Je konkreter die gemeinsamen Qualitäts-KPIs, desto schneller werden schwankende Chargen zur Ausnahme.

Rezyklat ist kein Rohstoff von gestern. Mit klaren Spielregeln kann es zum stabilen Must-Have-Werkstoff werden – und genau das brauchen wir, um die Kunststoffkreisläufe wirklich zu schließen. Packen wir’s ein.

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rPE und rPP square

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