Schlagwort: Medizinprodukte

  • Kunststoffverpackungen sind systemrelevant

    Kunststoffverpackungen sind systemrelevant

    Kunststoffverpackungen für Lebensmittel sowie Pharma- und Medizinprodukte sind unerlässlich für die Versorgung der Bevölkerung mit sicheren Lebensmitteln, Schutzausrüstungen und Arzneimitteln. Ihre Produktion muss daher als systemrelevant eingestuft werden.

    Frankreich hat seine Ernährungsindustrie inklusive der Hersteller von Lebensmittelverpackungen bereits als prioritäre Industrie eingestuft. Die IK hat die Bundesregierung und den zuständigen Krisenstab gebeten, auch in Deutschland Verpackungen als „integralen Bestandteil und systemrelevante Produkte im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie“ einzustufen und sie damit den kritischen Dienstleistungen im Rahmen der Verordnung zur Bestimmung kritischer Infrastrukturen nach dem BSI-Gesetz gleichzustellen.

    Lesen Sie hier den vollständigen Artikel auf dem Online-Portal Plastverarbeiter.

    Karen van Wüllen – März 2020

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  • Dr. Ralph Derra über Klebstoffbewertung und -prüfung

    Dr. Ralph Derra über Klebstoffbewertung und -prüfung

    Wie sind Sie beruflich mit gesetzlichen Forderungen hinsichtlich Verpackungen befasst?

    Mein Institut, die ISEGA, beschäftigt sich im Schwerpunkt mit flexiblen Materialien für den Einsatz als Verpackungsmaterialien. Diese werden im Bereich Lebensmittel, Pharmazie und Medizinprodukte eingesetzt.

    Wie genau befassen Sie sich beruflich mit der Bewertung von Lebensmittelkontaktmaterialien?

    Die Haupttätigkeit ist die Bewertung von Rezepturen der Rohstoffe bis zum fertigen Verpackungsmaterial. Auf diesen Informationen werden Prüfpläne zur Erstellung von Konformitätsunterlagen innerhalb der Produktionskette aufgebaut.

    Wie sollten die Behörden länderübergreifend kooperieren, um im Gesetzesdschungel mehr Sicherheit und mehr Einheitlichkeit für die Inverkehrbringer zu schaffen?

    Die Kooperation zwischen den einzelnen EU-Mitgliedsländern ist schwierig, da oft unterschiedliche nationale Voraussetzungen gegeben sind. Eine Vereinheitlichung innerhalb der EU ist auf Grund der Erfahrungen der letzten Jahre nur sehr langwierig möglich.

    Die gesetzlichen Vorgaben werden immer strenger. Welche Konsequenzen kann das für Zulieferer und Hersteller, aber auch für die Verbraucher haben?

    Ich glaube nicht, dass die gesetzlichen Vorgaben wirklich strenger werden; die chemische Analytik wird nur immer empfindlicher. Dadurch tauchen immer neue Probleme auf, zu denen dann die wissenschaftliche Bewertung fehlt. Es wird immer nicht ausreichend geregelte Substanzen geben. Weder die Produkthersteller noch die Behörden haben Möglichkeit, von einem Null-Risiko zu sprechen. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass wir in der Regel unsere Ernährung nicht nur aus der gleichen Verpackung zu uns nehmen. Das macht das Risiko geringer, aber die Bewertung nicht einfacher.

    Wo sehen Sie momentan für Packmittelhersteller besonderen Handlungsbedarf?

    Ich sehe keinen besonderen Handlungsbedarf für Packmittelhersteller, solange man die Konformitätsbewertung im Auge behält.

    Wie schätzen Sie grundsätzlich die Bedeutung von Grenzwerten, z. B. für spezifische Migrationslimits (SML), ein?

    Grenzwerte sind natürlich für eine endgültige Beurteilung eine schöne Sache, nur darf man nicht vergessen, dass man bei den analytischen Größenordnungen, über die wir heute diskutieren, auch bei einer einfachen Überschreitung eines Grenzwertes noch nicht außerhalb einer Konformität liegt.

    Sie referieren über Klebstoffbewertung und -prüfung. Was bewegt Sie besonders in diesem Zusammenhang?

    Klebstoffe, wie auch alle anderen chemischen Produkte zur Veredlung von Verpackungsmaterialien, sind immer eine besondere Herausforderung, da man sich über die Anwendung vorher Gedanken machen und das auch mit den Messergebnissen bestätigen muss.

    Wie aufwendig sind bei Klebstoffen Reinheits- und Rückstandsprüfungen, um die lebensmittelrechtliche Eignung bei der Verwendung für Lebensmittelverpackungen zu gewährleisten?

    Die chemische Analytik von Klebstoffen ist nicht so aufwendig, solange eine gute Kommunikation über die Zusammensetzung und die Rohstoffe existiert. Schwierig sind dabei pauschale Analysen, mit denen nur die Listen der Standardverunreinigungen abgearbeitet werden. Das ist besonders im asiatischen Bereich häufig der Fall. Mit solchen Informationen kann man keine wirkliche Produktbewertung durchführen.

    Wofür begeistern Sie sich neben Ihren beruflichen Aufgaben?

    Ich begeistere mich natürlich für die üblichen, dem Alter angepassten, Sportarten. Zurzeit begeistert mich allerdings am meisten der persönliche Erfolg meines Sohnes bei „Jugend forscht“ im Bereich Chemie. Das hat mich persönlich dazu veranlasst, Schulen für Aktivitäten in diesem Bereich stärker zu unterstützen.

    Dr. Ralph Derra promovierte nach dem Studium der Chemie an der Universität Würzburg bei Prof. Helmchen. Nach Arbeitseinsätzen bei ISEGA GmbH in Berlin und in einer Papier- und Zellstoff-Fabrik in Deir-Ez-Zor, Syrien, übernahm er die Laborleitung der ISEGA GmbH, Aschaffenburg. Dort ist er seit 1986 Geschäftsführer.

    Als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Verpackungsmaterialien, Boden- und Luftanalytik betreut er den Zertifizierungsbereich von Materialien im Kontakt mit Lebensmitteln. Neben der Analytik und Bewertung von Lebensmittelverpackungen sind Umweltauswirkungen wie Recycling und Kompostierung Arbeitsschwerpunkte.

    In der neuen Deutschen Akkreditierungsstelle DAkkS vertritt er die Gesellschaft Deutscher Chemiker GDCh in den Bereichen Chemie und gesundheitlicher Verbraucherschutz.

    Dr. Derra ist Obmann der analytischen DIN-Gruppen für Papier sowie für den Lebensmittelkontakt von Kunststoffen und vertritt in dieser Funktion auch die deutsche Normung in den europäischen Gremien bei CEN. Seit 2015 ist er Chairman des CEN/TC 172 Pulp, Paper and Board.


  • Christian Kirchnawy über die Rolle von in-vitro Bioassays bei der Risikobewertung von Lebensmittelkontaktmaterialien

    Christian Kirchnawy über die Rolle von in-vitro Bioassays bei der Risikobewertung von Lebensmittelkontaktmaterialien

    Dr. Christian Kirchnawy, geboren in Baden, studierte Lebensmittel- und Biotechnologie an der BOKU in Wien. Bereits im Zuge seiner Diplomarbeit beschäftigte er sich mit dem Thema “Hormonaktive Substanzen in Kunststoffen”. Im Anschluss an sein Studium setzte er die Arbeit an diesem Thema in Form einer Dissertation am OFI fort, wo er seit Anfang 2010 im großen Forschungsprojekt „Xenohormone“ an der Entwicklung von biologischen und chemischen Methoden zur Untersuchung von Kunststoffen auf hormonaktive Substanzen arbeitet. Im Sommer 2011 übernahm Christian Kirchnawy die wissenschaftliche Leitung des Forschungsprojektes sowie die Leitung des Bereichs Mikrobiologie & Zellkultur am OFI. Der Fokus seiner Arbeit liegt heute auf der Bewertung der Sicherheit von Lebensmittelkontaktmaterialien und Medizinprodukten durch eine Kombination aus chemischer Spurenanalytik und in-vitro Bioassays.

    Wie sind Sie beruflich mit gesetzlichen Forderungen hinsichtlich Verpackungen befasst?

    Ich beschäftige mich beruflich mit neuen Methoden zur Evaluierung der Sicherheit von Verpackungen, insbesondere mit unbeabsichtigt eingebrachten Substanzen (NIAS) und der Rolle, die in-vitro Bioassays bei der Sicherheitsbewertung spielen können. Der Fokus liegt dabei zwar nach wie vor auf der wissenschaftlichen und analytischen Seite – der rechtliche Hintergrund spielt aber auch bei meiner Arbeit eine immer wichtigere Rolle.

    Welche Vorgaben halten Sie für besonders wertvoll und warum?

    Dass durch die EU-Verordnung 10/2011 für Kunststoffe zumindest alle Monomere, Additive und Ausgangsstoffe europaweit einheitlich geregelt sind, halte ich für sehr wertvoll. Ähnliche europaweit harmonisierte Vorgaben würden wir uns auch in anderen Bereichen, z. B. bei Farbpigmenten oder Druckfarben, wünschen.

    Welcher Bereich sollte dringend vom Gesetzgeber aus Ihrer Sicht geregelt werden?

    Bei der Bewertung der Sicherheit von NIAS gibt es derzeit eine große Kluft zwischen dem, was theoretisch vom Gesetzgeber gefordert wird, und dem, was sich in der Praxis mit vertretbaren finanziellen Mitteln analytisch durchführen lässt. Vor allem, wie bei der Bewertung mit nicht identifizierten Substanzen umgegangen werden soll, ist offen.

    Wo sehen Sie momentan für Packmittelhersteller besonderen Handlungsbedarf?

    Aus meiner eigenen beruflichen Perspektive in der Sicherheitsbewertung von NIAS, die – obwohl gesetzlich bereits gefordert von vielen Betrieben – noch fast gar nicht umgesetzt wurde.

    Ein ganz großes Thema werden in den nächsten Jahren aber sicher die steigenden Anforderungen an die Recycling-Quoten sein – das ist aber eher ein Thema für meine Kollegen.

    Wie schätzen Sie grundsätzlich die Bedeutung von Grenzwerten, z. B. für spezifische Migrationslimits (SML), ein?

    Grenzwerte sind für die Bewertung der Sicherheit von Verpackungen sehr hilfreich, da sie eindeutige, klar definierte Kriterien sind, an Hand derer die Konformität der Verpackung bewertet werden kann. Viel schwieriger wird es dort, wo es keine klaren Grenzwerte gibt: z. B. im Bereich NIAS.

    Sie referieren über “Kombination von in-vitro Assays und chemischer Spurenanalytik für die Risikobewertung von NIAS”. Was bewegt Sie besonders in diesem Zusammenhang?

    Die Risikobewertung von NIAS  stellt Verpackungshersteller vor Herausforderungen, die mit derzeitigen analytischen Methoden oft nicht zufriedenstellend gelöst werden können. In der Regel können nicht alle NIAS verlässlich identifiziert werden. In-vitro Bioassays, die nicht spezifische chemische Substanzen, sondern eine biologische Wirkung (z. B. Schädigung der DNA) detektieren, können hier eine wertvolle Ergänzung zur chemischen Spurenanalytik darstellen. Bei der Bewertung von Medizinprodukten aus Kunststoffen setzen wir solche Methoden bereits seit langem ein – die immer weiter steigenden Anforderungen an die Sicherheitsbewertung von Verpackungen machen diese Methoden jetzt auch für Lebensmittelkontaktmaterialien interessant.

    Wofür begeistern Sie sich neben Ihrem beruflichen Aufgaben?

    Zeit mit meinen Kindern verbringen – für alle anderen Hobbies (Fußball, Volleyball, Schach, Reisen, …) ist leider immer weniger Zeit da …

     

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